2025 Tractor Pulling Berghausen

Von Freitag, den 20.06.25 bis Sonntag, den 22.06.25 fand in Berghausen bei Bad Berleburg zum 30, mal ein Tractorpulling-Wettbewerb statt. Mein Freund und Modellbaukumpan Michael und ich haben zusammen schon eine ganze Menge an verschiedensten Renn.- und Fahrzeugveranstaltungen besucht. Ein Tractorpulling war aber noch nicht dabei. Bis jetzt!
Samstagnachmittag haben wir uns auf den Weg gemacht. Laut Programminformation waren an den drei Tagen insgesamt 15 Fahrzeugklassen am Start. Angefangen bei der Freien Klasse 0,95t (die sehen fast aus wie Aufsitzrasenmäher) über Bauernklasse 6,5t, Hobbysport.-, Sport.-, und SuperStockklasse 3,5t bis zur Modified limited SuperStock 3,5t Klasse.

Beim Tractorpulling geht es darum einen sogenannten Bremswagen über ein Strecke von 100m zu ziehen. Gelingt das, nennt man das einen Full-Pull. Erreicht das Zugfahrzeug die 100m-Marke nicht, wird der Lauf mit der Länge der tatsächlich zurückgelegten Strecke gewertet. Um die Sache nicht ganz so einfach zu machen. fährt der Bremswagen während des Laufs nur am hinteren Ende auf Rädern. Vorne gleitet der Bremswagen auf einer Stahlplatte über die „Naturrennstrecke“ (Erdboden). Oder eben auch nicht. Auf dem Bremsschlitten befindet sich nämlich ein massives Betongewicht, das während des Laufs immer weiter nach vorne wandert und somit die Reibung und die benötigte Zugkraft stetig erhöht. Gleichzeitig wird ein Räumschild – ähnlich wie bei einer Planierraupe – vor dem Bremsschlitten auf die Fahrbahn gepresst. Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem beim Zugfahrzeug die Antriebsräder durchdrehen und der Bremswagen keinen Millimeter mehr bewegt werden kann. Nach Beendigung des jeweiligen Laufs wird das Betongewicht
maschinell wieder ans Ende des Bremswagens zurückgeschoben. Anschließend klappen auch im vorderen Bereich des Bremswagens Räder aus und die Stahlplatte hebt sich vom Untergrund ab. Danach fährt der Bremswagen aus eigener Kraft wieder zurück zur Startposition wo schon das nächste Zugfahrzeug wartet. Diese Technik des Bremswagens hatten wir in Fernsehberichten noch nie gesehen.
Um sicherzustellen, daß die Wettbewerbsfahrzeuge die Gewichtslimits einhalten, müssen die Fahrzeuge im Rahmen der technischen Abnahme gewogen werden. Bei möglichen Unregelmäßigkeiten muss ein Fahrzeug ggf. auch nach einem Lauf auf die Waage. Während wir uns die Rennen angeschaut haben wurden zwei Fahrzeuge für ihren Lauf aus der Wertung genommen weil sie während des Laufs Zusatzgewichte verloren hatten.
Wenn die Motoren der Wettbewerbsfahrzeuge unter Volllast laufen, wird es dunkel. Nein, keine Sonnenfinsternis. Wie man auf den Fotos erkennen kann, färben die Abgase den Himmel schwarz. Laut Streckensprecher ist das aber völlig Klimaneutral weil die Fahrzeuge mit Bio-Kraftstoff betrieben werden. Bei einem Verbrauch von bis zu 18 Litern – auf 100 Meter!
Wie man sich vorstellen kann, wird die „Rennstrecke“ durch die durchdrehenden Hinterräder des Zugfahrzeugs, das sich immer mehr absenkende Räumschild und die Stahlplatte des Bremswagens extrem zerfurcht. Vor dem Räumschild türmen sich kleine Erdhügel auf
Um für alle gleiche Bedingungen herzustellen, muss die Fahrbahn nach jedem Lauf neu aufbereitet werden. Hierfür stehen vier Servicefahrzeuge (natürlich auch Traktoren) bereit. Diese Faun-Deutz Traktoren waren von einem lokalen Landtechnik-Betrieb zur Verfügung gestellt worden. Zuerst wird die Bahn mit einer kleinen Egge wieder aufgelockert, dann werden die Unebenheiten planiert. Nach einer leichten Bewässerung erfolgt dann wieder die Verdichtung der Bahn. Ein fünfter Servicetraktor nimmt nach Beendigung des Laufs das Wettbewerbsfahrzeug an den Haken und bringt es zurück ins Fahrerlager. Einer dieser Servicetraktoren war grünmetallic lackiert. Das ist wohl eine der aktuellen Werksfarben von Faun-Deutz. Sieht ungewohnt aber genial aus. Jetzt fehlen für die stilvolle Ackerarbeit nur noch Spoiler und Chromfelgen.
Auf dem recht großen Areal befindet sich das offene Fahrerlager. Ähnlich wie bei den Nitrolympx (Dragstereuropameisterschaft) auf dem Hockenheimring gibt es im Fahrerlager keine abgesperrten Bereiche, so daß man sich die Fahrzeuge aus der Nähe anschauen kann und mit den Teammitgliedern reden kann. Die Fahrzeuge der Modified limited SuperStock 3,5t Klasse erinnern zum Teil von ihrer optischen Aufmachung her an Topfueldragster und sind vom Design her grandios. Angetrieben werden die Fahrzeuge von den verschiedensten Motoren. Über V8-Zylinder, Hubschrauberturbinen und Allison V1710 V12-Zylinder mit 28 Litern Hubraum (das ist der Motor aus der Mustang P-51) ist alles vertreten. Der ROUDE LEIW Junior aus Luxembourg wird sogar von einem Curtiss Wrigth 18-Zylinder Sternmotor mit 54,9 Litern Hubraum angetrieben. Dieser Motor liefert eine
Leistung von bis zu 3.500 PS.
Bei einem der Fahrzeuge fiel mir auf, daß die Hinterräder mit Folie umwickelt waren. Schüchtern und zurückhaltend wie ich nun mal bin, hab ich natürlich sofort gefragt warum die Reifen einfoliert sind. Man hat mir erklärt, daß das Reifenprofil gerade erst manuell nachgeschnitten worden ist. Bei der Reifengröße bestimmt eine sehr aufwändige Handarbeit. Damit das scharfkantige Profil sich nicht sofort abnutzt oder verdreckt, bleibt die Folie auf den Reifen bis das Fahrzeug wieder auf seiner Startposition steht.
Das zahlreiche Publikum hat die Fahrer in jedem Lauf angefeuert und jeden Full-Pull gefeiert. Natürlich gibt es umweltfreundlichere Motorsportveranstaltungen. Aber so ein Tractorpulling sollte man sich mal angeschaut haben. Ich war bestimmt nicht das letzte Mal beim Tractorpulling.
Tatsächlich hat das Tractorpulling auch einen Bezug zum Modellbau. Mitte der 1980er Jahre hatte amt/ERTL den Blazing-Bison im Angebot. Hierbei handelte es sich um einen Pulling-Tractor im Maßstab 1:25, der von drei Arias-Rennmotoren angetrieben wurde. Da der Blazing-Bison von der Brauerei Meister-Bräu gesponsert wurde, wurde das Fahrzeug meist einfach als Meister-Bräu bezeichnet. Heute ist der Bausatz nur noch antiquarisch zu bekommen und hat deshalb auch seinen Preis. Für den versierten Modellbauer könnte es durchaus reizvoll sein aus dem Meister-Bräu und einem scratsh gebauten Bremswagen ein realistisches Diorama zu kreieren … Auch den Fendt F20, den Revell dieses Jahr im Maßstab 1:24 auf den Markt gebracht hat, könnte man ja mal zu einem Pulling-Tractor umbauen.
Text und Fotos: Uwe Schiebold
